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Baillon-Fund war ein Tipp Hintergründiges zur Oldtimer-Sensation

Die Entdeckung der Sammlung Baillon lässt die Herzen der Oldtimerfans höher schlagen.

Die Entdeckung der Sammlung Baillon lässt die Herzen der Oldtimerfans höher schlagen.

Der Fund der Sammlung-Baillon hat die Oldtimer-Fangemeinde in Aufruhr versetzt: Hunderte vor sich hinrostende Klassiker der Automobilgeschichte. Aber war die Entdeckung wirklich ein Zufall? Und könnte jeder einen solchen Schatz aufspüren?

Es ist ein Fund, von dem Autoschatzsucher träumen. Ein herrschaftliches, etwas in die Jahre gekommenes Anwesen. Auf der Rückseite, dort, wo ehemals ein Park gewesen sein mag, Holzunterstände, teils mit Ziegeln, teils nur mit Wellblech abgedeckt, darunter geparkt: dutzende Fahrzeuge aus dem vergangenen Jahrhundert. Efeu in den Fenstern, Spinnenweben an den Spiegeln, auf ausladenden Kotflügeln vom Rost aufgeworfener, abgeblätterter Lack, Frontscheiben blind vor Grünspan, Moos auf Motorhauben, die schmalen Reifen platt, Verdeckkonstruktionen, an denen der Stoff in Fetzen hängt. Und davon träumen Oldtimerfans?

Selbst wenn der Laie meint hier stünde nur Schrott, in Wirklichkeit sind es wahre Schätze.

Selbst wenn der Laie meint hier stünde nur Schrott, in Wirklichkeit sind es wahre Schätze.

Ja! Denn die Sammlung von rund 60 Fahrzeugen enthält legendäre Marken wie Bugatti, Hispano-Suiza, Talbot-Lago, Panhard-Levassor, Maserati, Ferrari und Delahaye. Und verschollene Exemplare, wie den Ferrari, der einst Alain Delon gehörte, und den die Entdecker in einer Garage unter einem Stapel Zeitschriften – passenderweise alte Oldtimermagazine - fanden. Matthieu Lamoure und Pierre Novikof, zwei Experten des französischen Auktionshauses Artcurial haben den sensationellen Scheunenfund gemacht, am 06. Februar werden die Schmuckstücke über ihr Haus versteigert. Kann das Zufall sein?

Ein Tipp führte zur Sammlung-Baillon

Darüber gestolpert sind die beiden Experten für historische Autos tatsächlich nicht. Vom Auktionshaus heißt es, ihre Automobilspezialisten habe einen Tipp bekommen. "Es gibt diese Informanten, sozusagen automobilhistorische Trüffelschweine", erklärt Frank Wilke, Geschäftsführer des Marktanalysten Classic-Analytics. Es sind Oldtimerfans, in der Szene gut vernetzt, in Clubs wie dem Schnauferl-Club, dem ältesten deutschen Oldtimer-Club, aktiv, auf der Mille Miglia oder den Concours d’Elegance in Villa d’Este oder Pebble Beach zu Hause. Auch bei der Baillon-Sammlung soll es zuvor Gerüchte gegeben haben, dass in Westfrankreich ein Schatz schlummert. Die Entdeckung mag inklusive des Medienhypes geschickt eingefädelt sein – die Oldtimer sind allerdings echt und vor allem unverbaut und original.

Die originalen und unverbauten Autos des vergangenen Jahrhunderts sind trotz des Standortes in einem beneidenswerten Zustand.

Die originalen und unverbauten Autos des vergangenen Jahrhunderts sind trotz des Standortes in einem beneidenswerten Zustand.

Transportunternehmer Roger Baillon hatte die Sammlung in den 1950er-Jahren begonnen. Der Autofan wollte ein Museum gründen, dafür hatte er das Anwesen gekauft. Ein Sammler, der seiner Zeit voraus war, waren doch Vorkriegsmodelle nicht immer so begehrt wie heute. "Baillon rettete viele der Autos vor dem Schrottplatz", so Novikoff. In den 1970ern ging es mit dem Transportunternehmen bergab, Baillon musste Autos verkaufen. "Man dachte wohl, er hätte damals alles veräußert, so wurde die Sammlung vergessen", spekuliert der Mitentdecker.

Die Blechkleider sind einzigartig

Um es Baillon ansatzweise nachzutun, würde man heute vielleicht Fahrzeuge wie das Mercedes S-Klasse-Coupé SEC, Maserati Biturbo, Rolls Royce Silver Spirit, Lamborghini Countach - alles Achtziger-Jahre-Autos – in einen Holzunterstand parken und sie für die nächsten 60 Jahre vergessen. Und damit hätte man nur ansatzweise die Einzigartigkeit der französischen Sammlung nachvollzogen. War es doch bei Vorkriegsmodellen üblich, dass das vom Hersteller ausgelieferte Fahrgestell nebst aller Technik von einem Karosseriebauer mit einem Blechkleid versehen wurde. So finden sich zum Beispiel drei Talbots aus der Schmiede des Franzosen Saoutchik mit ihren ausladenden Formen unter den schlafenden Schönheiten.

Die umfassende Sammlung aus Frankreich ist ein Ausnahmefall, einzelne Fahrzeuge, die seit Jahrzehnten in einer Garage oder Scheune auf ihre Wiederentdeckung warten, werden jedoch öfter publik. Vor rund einem Jahr ließ zum Beispiel ein Mercedes Flügeltürer aus dem Jahr 1957 das Herz der Klassikergemeinde schneller schlagen. Er hatte seit den 1970er-Jahren unberührt in einer Garage gestanden.

Die "Patina" steigert den Wert

Das Besondere an dieser Art Scheunenfunde: Auch wenn der Motor festsitzt und das Getriebeöl verharzt ist, zahlen Liebhaber für den Originalzustand, die so genannte "Patina" ist begehrenswert. Einen neuzeitlichen Klassiker kann man durchaus selbst "finden": Opas seit 15 Jahren stillgelegter Kadett in der Garage oder des Nachbarn früherer Mercedes W123, zum Beispiel. "Ein unverbasteltes Fahrzeug aus erster Hand zu haben, ist vielen Leuten wichtiger als ein einwandfreier Zustand", so Frank Wilke.

Das Potenzial für die richtig wertvollen Scheunenfunde ist hierzulande allerdings nicht besonders groß, meint der Oldtimerexperte. Dafür sei man in Deutschland zu spät, erst Mitte der 70er-Jahre, in die professionelle Oldtimersammelei eingestiegen. Mit der ersten "Veterama" 1975, dem Veteranenmarkt in Mannheim, hat die Verbreitung dieses Hobbys richtig begonnen. In der "Wiege der Oldtimerszene", in England, geht die Sammlertradition deutlich weiter zurück – und damit auch das Potenzial auch heute noch verschollene Pretiosen oder große Vorkriegsmarken zu finden.

Und tatsächlich ist die Vorstellung reizvoll, dass ein alter autoverliebter Lord in einer der unzähligen Scheunen rund um sein Schloss eine kleine Sammlung alter Bugattis oder Bentleys angelegt haben könnte. Seine Nachfahren haben irgendwie davon gehört, aber in den vergangenen Jahrzehnten einfach nicht die Zeit gefunden mal nachzusehen. Bei dem Gedanken schaltet sich doch nicht nur bei Autoverrückten mit Schatzsuchermentalität das Kopfkino an, oder?

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

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