Politik

Flüchtlingsströme nach Deutschland Amt: Zahl syrischer Flüchtlinge wird steigen

Die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU ist ein Streitpunkt, der womöglich diesen Herbst beigelegt werden wird.

Die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU ist ein Streitpunkt, der womöglich diesen Herbst beigelegt werden wird.

(Foto: dpa)

Deutschland steht vor einer riesigen Herausforderung: Es werden wohl mehr Syrer hier Zuflucht suchen als angenommen. Auch die Polizei muss viel leisten: Bis Ende Juli sind beinahe so viele Schleuser gefasst worden wie im ganzen vergangenen Jahr.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht davon aus, dass mehr Menschen aus Syrien in Deutschland Zuflucht suchen wollen als bisher angenommen. Die Lage in Transitländern wie der Türkei oder im Libanon werde schlechter und die Hoffnungslosigkeit der Syrer größer, sagte Behördenpräsident Manfred Schmidt in einem "Spiegel"-Interview.

Viele, die in Nachbarländer geflohen seien, hätten eigentlich zurückkehren wollen. "Aber jetzt merken sie: In Syrien wird die Lage immer schlimmer." Sie wollten jetzt dahin, wo sie eine Chance sähen, ihr Leben aufzubauen. Hinzu kämen schätzungsweise 200.000 Familienangehörige von Syrern, die in Deutschland ein Aufenthaltsrecht bekommen könnten.

Die Bundesregierung hatte zuletzt ihre Prognose auf 800.000 Flüchtlinge im laufenden Jahr erhöht. Zuvor war sie von 450.000 ausgegangen. Mehr als 40 Prozent der Zufluchtsuchenden kamen in diesem Jahr vom westlichen Balkan.

Angesichts der Flüchtlingskrise geht die Bundespolizei laut einem Zeitungsbericht derweil verstärkt gegen Schlepperbanden vor. Die Bundespolizei habe zwischen Jahresbeginn und Ende Juli bei Kontrollen im grenznahen Bereich und in Zügen insgesamt 1785 mutmaßliche Schleuser festgenommen, berichtete die "Bild"-Zeitung. Dies seien rund 83 Prozent der im Gesamtjahr 2014 festgenommenen Schleuser. Im vergangenen Jahr hatten die Bundespolizisten dem Bericht zufolge insgesamt 2149 Schleuser gefasst.

"Mehr Personal, mehr Geld, und zwar schnell"

Mit 227 Fällen seien die größte Gruppe der festgenommenen Schlepper in diesem Jahr Täter aus Ungarn, schrieb die "Bild". Die mit 147 Fällen zweitgrößte Gruppe kommt demnach aus Rumänien, die drittgrößte Gruppe aus Serbien (110 Fälle), die viertgrößte Gruppe aus Syrien (108 Fälle) und die fünftgrößte Tätergruppe stamme aus Bulgarien (101 Fälle).

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz, fordert im Kampf gegen Schleuser einen verstärkten Einsatz der internationalen Polizeibehörden Interpol und Europol. Bei den Menschenschmugglern handele es sich um "international agierende Banden", sagte der rheinland-pfälzische Minister der "Welt". "Deshalb brauchen wir die Hilfe von Europol und Interpol, um deren Strukturen zu zerschlagen." Diese organisierte Kriminalität könne bekämpft werden, "wir müssen es nur wollen", mahnte der SPD-Politiker. "Das heißt aber auch: Mehr Personal, mehr Geld, und zwar schnell."

Spätestens der Fall der elendig erstickten Menschen in einem in Österreich entdeckten Laster müsse alle wachrütteln. "Wir müssen mit aller Härte gegen die Schlepper vorgehen", forderte Lewentz. Als weitere Maßnahme schlug er vor, künftig Lkw "viel intensiver" zu kontrollieren. "Auf deren Bewegungen an den Grenzen muss unser Augenmerk liegen", sagte der SPD-Politiker. Es dürfe nicht wieder geschehen, dass Menschen eingepfercht in Transportern ohne Sonnenlicht tagelang um ihr Leben kämpfen.

EU-Sondertreffen soll Lösungen erarbeiten

Der rheinland-pfälzische Innenminister forderte überdies eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf Europa: "Die EU sollte sich den Königsteiner Schlüssel zum Vorbild nehmen. Nach diesem Schlüssel verteilen wir in Deutschland die Asylbewerber auf die Länder." Es könne nicht sein, "dass nur Deutschland und Schweden dieser weltweiten Flüchtlingskrise mit Offenheit begegnen". Der Königssteiner Schlüssel richtet sich nach dem Steueraufkommen und der Einwohnerzahl der Bundesländer.

Die Flüchtlingskrise wird auch Thema einer Sondersitzung der EU-Innen- und Justizminister am 14. September sein. Bei dem Treffen solle über die derzeitige Lage und die politischen Maßnahmen "zur Stärkung der europäischen Antwort" auf den Flüchtlingsansturm diskutiert werden, teilte die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft mit.

Zuvor hatten sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien für ein solches Sondertreffen ausgesprochen. Ziel müsse es sein, konkrete Schritte zu erarbeiten, damit bei der nächsten regulären Ratssitzung am 8. Oktober konkrete Beschlüsse gefasst werden können, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Minister. Sie forderten unter anderem eine EU-weite Festlegung dazu, bei welchen Ländern es sich um sichere Herkunftsstaaten handele. Bislang sind diese Einstufungen auf nationalstaatlicher Ebene geregelt.

Die drei Minister bekräftigten zudem ihre Forderung nach der Einrichtung sogenannter Hotspots. Gemeint sind damit Flüchtlingszentren in Ländern wie Italien und Griechenland, wo ankommende Flüchtlinge durch Abnahme von Fingerabdrücken registriert werden und wo dann jene identifiziert werden sollen, die eindeutig schutzbedürftig sind.

Quelle: ntv.de, jog/rts/dpa

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