Marktberichte

Börsianer hoffen auf die EZB Euro-Verfall rettet Dax den Jahresstart

Nach dem 460-Punkte-Kursrutsch vom Jahresauftakt setzen die Anleger am deutschen Aktienmarkt auf eine Gegenbewegung. Sie kommt - aber auf wackeligen Beinen. VW ist nicht ganz unschuldig.

Nach dem Kurseinbruch am ersten Handelstag des Jahres hat sich der deutsche Aktienmarkt an einer Gegenbewegung versucht. Nach einer Berg- und Talfahrt, die den Dax sogar unter die 10.200-Punkte-Marke geführt hat, schloss der Leitindex aber mit leichten Aufschlägen. "Die Kurse machen Nachrichten", kommentierte n-tv-Börsenexperte Frank Meyer. "Der Markt ist angeschlagen: Es geht dynamisch nach unten, aber nur zäh wieder nach oben." Seine Kollegin Sabrina Marggraf äußerte sich ähnlich: "Der Schrecken sitzt offenbar sehr tief."

Der Dax legte 0,3 Prozent auf 10.310 Punkte zu. Das Tagestief lag bei 10.174 Zählern. Das Tageshoch markierte er bereits kurz nach Handelseröffnung bei 10.384 Stellen. Am Montag war der Leitindex mit einem Minus von 4,3 Prozent unter die Räder geraten. Es war der schlechteste Start in ein neues Börsenjahr seit 1988. Der MDax verabschiedete sich 0,1 Prozent tiefer bei 20.228 Stellen. Der TecDax gewann 0,9 Prozent auf 1810 Punkte.

Devisen: Euro deutlich unter 1,08

Vor allem der deutlich schwächere Euro verhinderte einen erneuten Kursrutsch am deutschen Aktienmarkt. Es werde immer öfter die Erwartung geäußert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) "die Geldschleusen noch weiter öffnet", sagte ein Händler. Befeuert werde diese Prognose von den deflationären Tendenzen in der Eurozone. Kurzfristig könne also die seit dem Jahresbeginn dominierende Verkaufswelle zum Halten kommen, erläuterte er.

Der Euro fiel auf rund 1,0750 Dollar nach Wechselkursen über 1,08 Dollar am Vorabend. Am Markt werde immer öfter die Erwartung geäußert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) "die Geldschleusen noch weiter öffnet" - befeuert von den zuletzt deflationären Tendenzen in der Eurozone. Zudem brach die Gemeinschaftswährung damit aus dem Trendkanal zwischen knapp 1,10 und 1,08 Dollar nach unten aus. Die EZB hatte den Referenzkurs am Mittag noch auf 1,0746 Dollar festgesetzt, am Montag lag er sogar noch bei 1,0898 Dollar. Aber auch schon da war die Gemeinschaftswährung unter Druck geraten, nachdem das Statistische Bundesamt eine überraschend schwache Inflation in Deutschland gemeldet hatte.

Asien: Minus, aber kleiner

Auch die Entwicklung in China half. Im Reich der Mitte hatte die Notenbank zur Beruhigung des Marktes den Geldmarkt mit rund 20 Milliarden Dollar geflutet. Außerdem soll sie Kreisen zufolge die Landeswährung Yuan mit Käufen gegen den Dollar gestützt haben, um so ebenfalls für eine Beruhigung zu sorgen. Für Aufsehen sorgte zudem eine Erklärung der chinesischen Börsenaufsicht: Sie erwägt demnach, ob die Zahl der Aktien, die größere Investoren in einem bestimmten Zeitraum verkaufen können, begrenzt wird. Am Montag war der chinesische Aktienhandel nach einem Kurseinbruch von 7 Prozent beim Leitindex Shanghai Composite automatisch beendet worden. Der Stoppmechanismus wurde damit gleich an dem Tag aktiviert, an dem er in Kraft trat. Daraufhin gab es an allen Weltleitbörsen deutliche Verluste.

Allerdings reichten auch diese Maßnahmen nicht aus, den Aktienmarkt in Shanghai am Dienstag ins Plus zu hieven: Nach deutlichen Schwankungen um mehrere Prozent schloss der Shanghai Composite mit einem Minus von 0,3 Prozent. In Tokio verlor der Nikkei 0,4 Prozent. Der breiter gefasste Topix gab 0,3 Prozent nach.

Das auf kurze Sicht entscheidende Risiko für die Aktienmärkte sehen Händler aber weiterhin im Auslaufen der "Lockup-Periode" für Aktienverkäufe von Großinvestoren in China am Freitag. Vor diesem Termin bestehe jederzeit die Gefahr umfangreicher Verkäufe von Aktienpositionen, um so einem möglicherweise noch stärkeren Ausverkauf nach Ende dieser Frist zuvorzukommen, hieß es am Markt.

Rohstoffe: Ölpreis wieder unter 37 Dollar

Am Ölmarkt wurden die Preise von der Eskalation zwischen Saudi-Arabien und Iran nicht mehr gestützt. Händler verwiesen auf die schwachen Wachstumsaussichten der globalen Konjunktur und die Aufwertung des Dollar. Außerdem dürften Saudis und Perser nun erst recht nicht an einem Strang ziehen, wenn es um die Stabilisierung der Ölpreise in- und außerhalb des Erdölkartells Opec gehe, hieß es im Handel.

Nicht zuletzt dürften viele Marktteilnehmer auch in der Erwartung verkauft haben, dass die US-Regierung am Mittwoch abermals einen Anstieg ihrer Ölvorräte melden würde. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich zum Settlement um 2,2 Prozent bzw 0,79 Dollar auf 35,97 US-Dollar und verharrte damit in der zuletzt ausgebildeten Handelsspanne. Der Preis für die global stärker gehandelte Nordseesorte Brent ermäßigte sich um 2,2 Prozent bzw 0,80 Dollar auf 36,42 Dollar je Barrel.

Dax: VW unter Beobachtung

Bei den Einzelwerten im Dax, die alle zum Jahresauftakt schwächer aus dem Handel gegangen waren, standen erneut die Autowerte im Blick - allen voran Volkswagen. Der Grund war eine Klage des US-Justizministeriums wegen des Verstoßes gegen Umweltgesetze. Beunruhigend waren dabei vor allem Presseberichte, wonach sich die Strafe in den USA bis auf 90 Milliarden Dollar belaufen könnte. "Die Berechnung ist allerdings fragwürdig", sagte ein Händler. Klar sei, dass wegen rund 580.000 manipulierten Autos ein Betrag von 32.000 bis zu 37.500 Dollar je Fahrzeug fällig werden könnte. Damit liege man im Bereich der schon länger gespielten 18 Milliarden Dollar, die der Markt hinreichend eingepreist haben dürfte, hieß es.

VW als stärkster Dax-Verlierer gaben zeitweise fast 6 Prozent ab, schlossen dann mit einem Minus von mehr als 4 Prozent - nachdem sie bereits am Montag mehr als 5 Prozent eingebüßt hatten. Daimler gaben 0,4 Prozent ab, BMW 0,8 Prozent.

Lufthansa im Aufwind

Zu den größten Gewinnern zählten FMC, die Versorger RWE und Eon sowie Lufthansa. Am deutlichsten ging es für FMC mit fast 6 Prozent nach oben. RWE gewannen rund 2; Eon etwa 1 Prozent. Lufthansa legten mehr als 3 Prozent zu. Im Handel wurde auf den weiter nachgebenden Ölpreis verwiesen. Hier dürfte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein. Saudi-Arabien hatte zudem Preiskürzungen für Februar angekündigt. "Es sieht danach aus, als ob Saudi-Arabien den Preiskrieg fortsetzen möchte", sagte ein Händler. Für Airlines seien das gute Nachrichten.

TecDax: Morphosys taumelt

Bei den Tech-Werten verloren Morphosys am deutlichsten: Mehr als 5 Prozent ging es abwärts. Der Grund war eine Herabstufung durch JP Morgan. Dagegen waren die Titel von SMA Solar die großen Gewinner mit einem Aufschlag von rund 5,5 Prozent. Auch Index-Neuling Siltronic präsentierten sich mit einem Plus von etwa 4,5 Prozent überdurchschnittlich stark.

SDax: Grenkeleasing überrascht

Aufwärtspotenzial machte ein Händler auch bei der Grenkeleasing-Aktie aus. 2015 war das Neugeschäftsvolumen frischen Daten zufolge um 20,1 Prozent gestiegen. Das liege deutlich über der Schätzung von 11 bis 15 Prozent, hieß es - eine positiven Überraschung. Die Papiere zogen rund 1 Prozent an. Noch deutlicher ging es für Stabilus nach oben: 7 Prozent.

USA: Wall Street tiefer

Die Sorgen um die Wirtschaft und Börsen in China ließen auch die Wall Street nicht kalt. Anfangs rutschten die Leitindizes ins Minus, stabilisierten sich teilweise aber wieder.  Der Dow-Jones-Index gewann 0,1 Prozent auf 17.159 Punkte. Der S&P-500 legte um 0,2 Prozent zu, während der Nasdaq-Composite um 0,2 Prozent fiel.

Apple-Aktien gaben um 2,5 Prozent nach und waren damit größter Verlierer im Dow. Laut einem Bericht, den die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei am frühen Dienstagabend mitteleuropäischer Zeit auf ihrer Homepage veröffentlichte, will Apple in den Monaten Januar bis März 30 Prozent weniger Einheiten seiner neuesten iPhone-6-Modelle produzieren als ursprünglich geplant.

Für die Papiere der Autobauer ging es nach Veröffentlichung der US-Verkaufszahlen für den Dezember mehrheitlich weiter bergab: General Motors (GM) und Ford verbilligten sich um 2,64 beziehungsweise 1,79 Prozent. Dagegen schafften Fiat Chrysler ein Kursplus von 0,78 Prozent.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/dpa/rts

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