Politik

Nach Antrittsrede von Trump Europäische Politiker sind beunruhigt

In seiner Antrittsrede bekräftigte Trump seinen harten außenpolitischen Kurs.

In seiner Antrittsrede bekräftigte Trump seinen harten außenpolitischen Kurs.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Die Antrittsrede von Präsident Trump kommt in Europa nicht gut an. "Wir müssen uns warm anziehen", sagt Vizekanzler Gabriel und kritisiert die "hoch nationalistischen Töne". Kanzlerin Merkel pocht auf einen respektvollen Umgang miteinander.

Der radikale Kurswechsel des neuen US-Präsidenten Donald Trump und mögliche neue Handelsbarrieren haben in Europa und China massive Kritik hervorgerufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die Einhaltung internationaler Regeln und einen respektvollen Umgang miteinander. Am besten sei es für alle, wenn es ein "regelbasiertes, auf gemeinsamen Werten beruhendes, gemeinsames Agieren" gebe, sagte Merkel. Dies gelte etwa für die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung.

Auch im Bereich der Verteidigung müssten im Rahmen bestehender Bündnisse Beiträge geleistet werden. Darüber hinaus betonte Merkel, das transatlantische Verhältnis werde in den nächsten Jahren nicht weniger wichtig als es in der Vergangenheit gewesen sei. "Selbst wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, sind Kompromisse, sind Möglichkeiten, immer dann am besten zu finden, wenn man eben in Respekt miteinander sich austauscht." Deutschland werde versuchen, im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft dazu einen Beitrag zu leisten.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte, die Lehre aus Trumps Erfolg für Europa laute, mehr zusammenzuhalten. Gabriel warnte im ZDF davor, Trump zu unterschätzen und sprach von "hoch nationalistischen Tönen", die dieser in seiner Antrittsrede benutzt habe. "Es fehlen eigentlich nur noch so Begriffe wie das Parlament als "Quasselbude" zu bezeichnen, oder von "Systemparteien" zu reden. Dann sind sie in der politischen Rhetorik der Konservativen und Reaktionäre der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Der meint das wirklich ernst, und ich glaube, wir müssen uns warm anziehen."

Der CSU-Europapolitiker Weber sagte der "Rheinischen Post" mit Blick auf Trump: "Sollte er mit dem Slogan "America first" mit einem neuen amerikanischen Egoismus und Protektionismus ernst machen, dann müssen wir dem ein "Europe first" entgegensetzen". Dies bedeute dann aber nicht Isolation, sondern beispielsweise die gezielte Suche nach neuen Partnern. "Dann muss die EU beispielsweise zügig auf Kanada, Mexiko oder Japan zugehen."

Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sagte bei n-tv: "Wir steuern auf eine Situation zu, wo es einen potenziellen Handelskrieg zwischen den USA und Europa geben kann." Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg warnte davor, im Umgang mit Trump Schwäche zu zeigen. "Berlin muss zunächst einmal lernen, mit welcher Sprache Trump auf die Hauptstädte dieser Welt zugehen wird", sagte er bei n-tv. Da dürfe man auch einmal "in Fragen, wo man anderer Meinung ist, auch mal hart sein und seine Überzeugung kundtun". Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte bei n-tv: "Die Bundesregierung muss deutlich machen, wo die Grenzen sind".

Röttgen: Rede wird Land weiter spalten

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen reagierte mit Enttäuschung auf die Antrittsrede Trumps: "Dieses war eine Rede, die das Land weiter und tiefer spalten wird", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages der "Rheinischen Post". Der Koordinator für transatlantische Beziehungen im Auswärtigen Amt, Jürgen Hardt, warnte vor einer Abschottung der USA. "Er geht mit diesem Kurs ein großes Wagnis ein", sagte der CDU-Politiker der "Welt".

Trump hatte in seiner Antrittsrede am Freitag einschneidende Veränderungen angekündigt. Der 70-Jährige grenzte sich massiv von der Politik seines Vorgängers Barack Obama ab. "Von jetzt an wird eine neue Vision dieses Land regieren. Von diesem Tag an heißt es: Amerika zuerst, Amerika zuerst." In der Außenpolitik soll der Kampf gegen islamistische Terrororganisationen wie den Islamischen Staat höchste Priorität haben. In der Handelspolitik setzt Trump auf "harte und faire" Handelsabkommen, die vorrangig der US-Wirtschaft nutzen sollen. Das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta der USA mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln und aufkündigen, wenn es keinen "fairen Deal" gibt.

Papst Franziskus forderte Trump auf, sich auch um die Armen zu kümmern. Er erklärte, er bete dafür, dass dieser sein Amt mit "Weisheit und Stärke" ausführen werde. In einer Zeit "schlimmer humanitärer Krisen" hoffe er zugleich, dass Trumps Entscheidungen "von den spirituellen und ethischen Werten" geleitet würden, die die US-Geschichte geformt hätten. Die Gestalt der Vereinigten Staaten werde unter Trumps Führung weiterhin an der Sorge für "die Armen, die Zurückgewiesenen und die Notleidenden" gemessen werden, betonte der Papst.

May will Trump Bedeutung von Nato und EU beibringen

Großbritanniens Premierministerin Theresa May will bei ihrem ersten Treffen mit Trump die Bedeutung von Nato und Europäischer Union hervorheben. Sie sei überzeugt, dass Trump die Wichtigkeit und den Stellenwert der Nato anerkennen werde, sagte May der "Financial Times". Trump hatte zuvor die Daseinsberechtigung des Bündnisses in Frage gestellt. Sie sei auch zuversichtlich, dass die USA die Bedeutung der Zusammenarbeit in Europa verstehen werden, so May.

Frankreichs Präsident François Hollande sagte: "Wir sind in einer globalen und offenen Wirtschaft." Es sei "nicht möglich, und es ist auch nicht wünschenswert, sich von der Weltwirtschaft isolieren zu wollen".

Sorge herrscht auch in China: Nach seiner Antrittsrede in Washington warnten Chinas Staatsmedien Trump deutlich vor einem Handelskrieg mit der zweitgrößten Volkswirtschaft. Würden Trumps Protektionismus-Pläne nun tatsächlich von einem "vorpräsidialen Bluff" in die Realität umgesetzt, werde das mit Sicherheit zu "globalen Tumulten" führen, schrieb die englischsprachige "China Daily" in einem Leitartikel. "Amerika First", eine Parole, die der neue US-Präsident in seiner Antrittsrede am Freitag mehrfach wiederholt hatte, könne "leicht nach hinten losgehen". China und andere Nationen müssten gemeinsam versuchen, der neuen Regierung in Washington die Vorteile einer "aktualisierten und wünschenswerten" Version der Globalisierung zu verdeutlichen.

Auch warnte die Zeitung Trump davor, das "Ein-China-Prinzip" weiter in Frage zu stellen und zu versuchen, in Verhandlungen mit Peking die "Taiwan-Karte" zu spielen. Werde diese Grenze überschritten, könnten die Dinge schnell "schmutzig" werden. Die parteinahe "Global Times" sah mit dem Beginn der Ära-Trump "dramatische Veränderungen" auf die Welt zukommen. Trump werde überall und auch vor der eigenen Haustür "Brände" legen. "Warten wir ab, wann China an der Reihe ist."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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