Fußball

Kein Mut, kein Plan B Der FC Bayern ist falsch ausbalanciert

Wie so oft in Spielen, in denen es um viel geht, zeigte sich Bayern-Stürmer Lewandowski (r.) bemüht, aber unauffällig.

Wie so oft in Spielen, in denen es um viel geht, zeigte sich Bayern-Stürmer Lewandowski (r.) bemüht, aber unauffällig.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern braucht gegen den FC Liverpool ein Tor. Diese Hypothek nimmt der deutsche Meister mit ins Achtelfinal-Rückspiel der Champions League - und verkrampft. Aus der Mannschaft gibt es kaum Impulse, die einen Erfolg möglich machen.

Ohne dass es mutmaßlich einer der 70.000 Zuschauer in der ausverkauften Arena in München schon nachhaltig verarbeitet hatte, bekam er, bekamen sie, bereits nach wenigen Sekunden überraschend entlarvt, wie der FC Bayern den FC Liverpool an diesem Mittwochabend erfolgreich aus dem Achtelfinale der Champions League spielen wollte: Ex-Nationalspieler Mats Hummels schupfte in jenen Sekunden einen Ball quer über das Spielfeld auf den sprintenden Noch-Nationalspieler Serge Gnabry, ein bisschen zu steil, okay, ein Ball für den Torwart des FC Liverpool, den Brasilianer Alisson.

Aber: So könnte es gehen. Dort, auf den Außenbahnen, wo die "Reds" von Coach Jürgen Klopp sonst eher weniger massiv und robust stehen als im Zentrum, da wähnte Münchens Trainer Niko Kovac die geeigneten Bruchstellen für wuchtige Angriffe. Und dass die Idee nicht falsch hergeleitet war, untermauerte Gäste-Verteidiger Joel Matip, als er eine hart gespielte Hereingabe von Gnabry nach langem Zuspiel von Niklas Süle per Eigentor-Abstauber zum 1:1 (39.) vollendete. Das Problem: Es gab diese Angriffe mit Tempo und Wucht selten, fast gar nicht.

Hätte der FC Bayern über 90 Minuten mehr von diesen Momenten gehabt, sie mit mehr Mut und weniger Sicherheitspässen selbst kreiert, womöglich wäre er nicht nach den Gegentoren von Sadio Mané (26./84. Minute) und Virgil van Dijk (69,) mit 1:3 (1:1) aus der Königsklasse getaumelt. So aber haben sich ziemlich schüchtern aus dem Elitekreis verabschieden müssen. Als letzter von drei deutschen Vertretern in der K.-o.-Runde. Die Münchener haben sich nicht so spektakulär-dramatisch aus dem Wettbewerb verabschiedet wie Borussia Dortmund gegen Tottenham und auch haben sie nicht an einer so nachhaltigen Peinlichkeit gearbeitet, wie es dem FC Schalke 04 bei Manchester City gelungen war. Aber sie haben irgendwie auch nicht alles dafür getan um das frühste Aus seit der Saison 2010/11 zu verhindern.

Bayern finden keine Balance

Der FC Bayern gehört in dieser Saison nicht zu den allerbesten Mannschaften in Europa, weil sie nicht den allerbesten Fußball spielen. Oder weil sie einfach nicht die richtige Balance zwischen Angriff und Verteidigung finden. Die aber hatte Kovac vor dem zweiten Duell zur obersten Mitarbeiterpflicht seines Teams erhoben. "Wir können nicht erwarten, dass wir die Maske abreißen und Holla die Waldfee nach vorne marschieren und vielleicht ins Verderben." Angreifen aber müssten sie natürlich schon auch, ein Tor brauchte es - diese Hypothek hatten sie sich beim leidenschaftlich verteidigten 0:0 im Hinspiel aufgeladen.

Die Rückspiel-Realität aus zahllosen Sicherheitspässen, wenig Tempo, noch weniger Risiko und dann doch Verderben, sie frustrierte Champions-League-Debütant Kovac gewaltig. "Wir haben es nicht gemacht, wie ich es mir vorgestellt habe. Sie haben uns sehr gut zugestellt und wir haben es nicht geschafft, ruhig herauszuspielen und auch Robert Lewandowski ins Spiel zu bringen. Wir haben verdient verloren." Auf die personellen Probleme - Thomas Müller (gesperrt), Joshua Kimmich (gesperrt), Arjen Robben (verletzt) und Kingsley Coman (nur eingewechselt, weil nicht ganz fit) - wollte sich der Trainer nicht zurückziehen. Zu viel potenzielle Qualität sah er noch auf dem Platz.

Rafinha und Neuer patzen im Verbund

Rafinha sah beim ersten Gegentor nicht gut aus.

Rafinha sah beim ersten Gegentor nicht gut aus.

(Foto: dpa)

Freilich agierten da neben dem einmal mehr in großen Knockoutspielen bemühten, aber unauffälligen Lewandowski ein starker Gnabry, ein blasser James Rodriguez und ein engagierter aber unsicherer Thiago, aber es spielten aus der Not heraus eben auch Franck Ribéry und Rafinha. Dass der Rechtsverteidiger das erste Gegentor in ungewöhnlicher Zusammenarbeit mit Torwart Manuel Neuer durch Sadio Mané mit einem wilden Stellungsfehler begünstigte (den beging auch Neuer), ist eher persönlich bitter (für Neuer natürlich auch). Dass er in der sensiblen Suche nach der Balance kaum etwas für die Offensive tat, ist tragisch für das System. In dem mühte sich Ribéry derweil nach Kräften, aber seine Läufe auf der linken Seite sind mittlerweile weitgehend ineffizient und ineffektiv. So urteilte dann auch Klopp überrascht: "Die Bayern hatten nicht viele gefährliche Momente." Tatsächlich wurde über 90 Minuten nur ein einziger Schuss auf Alissons Torin den offiziellen Statistiken notiert.

Das klingt in der Komplexität der Systeme und der Intensität mit der sich die Teams begegneten reichlich simpel. Und so lobte Mats Hummels, der jeweils die Kopfballduelle zum zweiten und dritten Gegentor verlor: "Jürgen Klopp hat es geschafft, unsere Stärken aus dem Spiel zu nehmen. Im Nachhinein wäre es vielleicht anders ausgegangen, wenn wir aktiver gewesen wären." Coach Kovac fasste es  noch radikaler zusammen: "Liverpool ist eine Top-Mannschaft. Wir haben unsere Grenzen aufgezeigt bekommen."

Quelle: ntv.de

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